Heinrich Manns Professor Unrat weist charakteristische Merkmale des ‚Gesellschaftsromans’ auf: Repräsentativ zu erwähnen ist die Darstellung der Schule als ein Modell der Gesellschaft. Heinrich Mann zielte mit seinem schulsatirischen Professor Unrat darauf ab, die kaiserliche Bildungsanstalt zu kritisieren, und weitergehend psychologisierende Kritik an der zeitgenössischen bürgerlichen Kultur und Gesellschaft auszuüben. Zu diesem Zweck gestaltet der Autor die Schule und die darin agierende Figuren als eine Art Modell, das in einer vertretenden Funktion für die Gesellschaft steht. Dieses Gesellschaftsmodell führt eine Reflexion über den Bankrott der humanistischen Bildungsvorstellungen in der Wilhelminischen Zeit und ebenso über die Doppelmoral des Bürgertums in der Übergangssituation zur Moderne herbei. Hinsichtlich dieses Gesellschaftsmodells ist zu betrachten, inwiefern das Verfallen der neuhumanistischen Bildungsidee und das Verkommen bürgerlicher Kultur im Roman unterbreitet werden. Vor diesem Hintergrund kann der Protagonist des Romans Professor Unrat als Repräsentant des Bildungsbürgertums dieser Übergangszeit verstanden werden, in der die neuhumanistische Einheit der Bildungstradition verfällt.
Die vorliegende Arbeit untersucht die Rolle des Intellektuellen in der Gesellschaft in Bezug auf Alfred Anderschs literarische und mediale Aktivitäten in den späten 50er Jahren. Gut 10 Jahre nach Kriegsende 1945 hat sich Alfred Andersch mit den Themen von Verfolgung, Flucht und Freiheit des Menschen auseinandergesetzt, wobei das Spannungsverhältnis zwischen Solidarität und Freiheit der Menschheit hervorgehoben wird. Andersch war ein überzeugender Befürworter für die engagierte Literatur. Sein geistiger Vater war der französische Romancier, Philosoph und Publizist Jean-Paul Sartre, der als Paradefigur der französischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts gilt. Andersch wurde von Sartres Philosophie und Literatur stark beeinflusst. Als engagierter Künstler hat er die Zeitschrift Texte und Zeichen herausgegeben und beim Süddeuschen Rundfunk das gesellschaftskritische Programm Radio-Essay geleitet. 1957 wurde sein erfolgreichster Roman Sansibar oder der letzte Grund erschienen.